Das Thema künstliche Intelligenz ist aktueller denn je. Auch bei uns im Agenturleben sind Arbeitsbereiche davon betroffen. Natalie Bagreev, was bedeutet das für das Grafikdesign und wie kann man die KI dort einsetzen?
Natalie Bagreev: Im Grafikdesign müssen immer wieder Bilder bearbeitet werden. Mal hinsichtlich der Qualität oder der Farbwelt, mal aber auch grundlegend. Wir arbeiten hier mit dem Bildbearbeitungsprogramm Adobe Photoshop. Die ergänzende Applikation „Beta“ ist für die Bildbearbeitung mit KI sehr spannend. Aufwendige Bildmontagen lassen sich mit der neu enthaltenen Bearbeitungsfunktion -der generative Füllung- innerhalb von Sekunden erstellen.
Was hat das für Vorteile für den Arbeitsbereich?
Natalie Bagreev: Bislang brauchte es für eine aufwendige Bildmontage immer viele Schritte und damit auch einen hohen Zeitaufwand. Nun übernimmt die künstliche Intelligenz die Bildbearbeitung in vermeintlich geringerem Aufwand. Bilder können durch Anweisungen im Format erweitert, bestehende Bildinhalte verändert und Objekte und Szenen erzeugt werden.
Um den Vorgang einmal darzustellen, haben wir uns ein Beispiel-Bild aus dem Internet gesucht. Kannst du uns sagen, was das Bild zeigt und wie das Bild verändert werden soll?
Bildquelle: https://www.travelzoo.com/de/blog/die-zehn-schoensten-skylines/
Natalie Bagreev: Das Bild zeigt eine sich im Wasser spiegelnde Skyline von Dubai. Das Bildformat ist eher schmal. Wir wollen das Bild auf ein typisches Querformat bringen, Himmel und Wasser sollen lebendig und bewegt sein. Um ein passendes Ergebnis in der Montage zu erzielen, müssen die Arbeitsanweisungen für die Bearbeitungsfunktion „generative Füllung“ möglichst aus vielen beschreibenden Wörtern bestehen. Wir sind in 5 Schritten zum Ziel gelangt:
Original
1. Wir erweitern das Bild unterhalb, indem wir das Wasser hinzufügen lassen.
2. Wir erweitern das Bild oberhalb, indem der Himmel hinzugefügt wird.
3. Wir setzen fliegende Vögel in das Bild ein.
4. Die Wasseroberfläche soll nun unruhig werden und einen leichten Wellengang haben.
5. Zum Schluss setzen wir noch 2 kleine Fischerboote in den linken Bildrand.
Und fertig ist unsere veränderte Skyline von Dubai. Der Zeitaufwand lag bei ca. 40 Minuten (inkl. mehrerer Anläufe). Ohne KI hätten wir hier mehrere Stunden gebraucht, um es so realistisch aussehen zu lassen, da auch die einzelnen Bilder (Vögel, Fischerboote, Wellen) manuell recherchiert werden müssten).
Hier werden die fünf Schritte im kurzen Video dargestellt.
Lässt sich so also jedes Bild bearbeiten? Und es entsteht ein druckfähiges Bild, das über alle Werbemittel eingesetzt werden kann?
Natalie Bagreev: KI erleichtert viele Arbeitsschritte in der Bildbearbeitung, eine manuelle und professionelle Bildbearbeitung kann es dennoch nicht ersetzen. Viele Ergebnisse sind oft oberflächlich und ungenau. Es bedarf einige Anläufe, bis das Resultat zufriedenstellend ist. Dadurch ergibt sich trotz der vermeintlich einfachen Bedienung ein zeitlicher Mehraufwand, der nicht zu verachten ist. Und wo es definitiv weiter den Menschen braucht: Es kommt oft zu fehlerhaften Darstellungen, wie das Sonnenlicht in unserem Beispielbild. Im Originalbild steht die Sonne tief hinter den Wolkenkratzern, im mittleren Bildbereich. Nach der KI-Bildmontage kommt eine weitere Sonnenlichtquelle hinzu, im linken Bildrand. Dadurch wird das Bild zwar interessant und der Fehler wird auf den ersten Blick gar nicht als falsch wahrgenommen. Das zeigt damit aber auch die Tücken einer denkenden Maschine im Vergleich zu einem professionellen Grafikdesigner. Die Programm-Kenntnisse, ein Gefühl und ein fachliches Verständnis im Umgang mit digitaler Bildbearbeitung braucht es also weiterhin.
In den falschen Händen kommt es so auch sehr leicht zum Missbrauch. Nicht umsonst hat Adobe auf seiner Webseite Richtlinien zur Nutzung der generativen KI-Funktionen festgehalten. https://www.adobe.com/de/legal/licenses-terms/adobe-gen-ai-user-guidelines.html
Die Zeiten in denen Bildmaterial als Dokumentation und Nachweis genutzt wurden sind vorbei. Mit den heutigen digitalen Möglichkeiten kann man Bild- und Videomaterial so verfremden, dass es sich sehr weit weg vom Original bewegt.
Unser Rat ist daher: Mit allen Medien sollte behutsam umgegangen werden. Besonders wichtig dabei ist es, auf die Quellen zu achten. Erscheint die Quelle nicht vertrauenswürdig oder fehlt diese sogar, sollte die Darstellung hinterfragt werden.
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Bildquelle: https://photos.com/featured/2-dubai-skyline-thomas-kurmeier.html
• Titel: Skyline von Dubai
• Künstler: Thomas Kurmeier
• Beschreibung: Skyline von Dubai von der Business Bay aus gesehen.
• Bild zur Verfügung gestellt von Getty Images.
Hinweis zur Bildnutzung:
Das Bild wird nur als Exempel im Rahmen eines Anwendungsbeispiels für künstliche Intelligenz bei der digitalen Bildbearbeitung genutzt und optisch verändert. Folgendes wurde an dem Originalbild verändert: Ausschnitt; einzelne Bildelemente wurden hinzugefügt (Vögel, Wellen, Fischerboote).