Die Staude des Jahres 2017 wurde lange unterschätzt
(GMH/BdS) Rosen, Schneeglöckchen, Taglilien – es gibt Pflanzen, derentwegen werden weite Reisen unternommen, Feste veranstaltet und Gesellschaften gegründet. Es gibt Pflanzen, die sind unauffälliger, aber treu und unkompliziert und werden deshalb hochgeschätzt. Und es gibt die Bergenie (Bergenia). Attraktiv in Blatt und Blüte, vielseitig, unkompliziert und verlässlich und noch dazu in zahlreichen wintergrünen Varianten erhältlich – mit diesen Eigenschaften hätte jede andere Staude längst einen eigenen Fanclub; die Bergenie jedoch war lange Zeit ein klarer Fall von „verkanntes Genie“.
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„Und das nur aufgrund eines Missverständnisses“, bedauert Annemarie Eskuche von der gleichnamigen Staudengärtnerei im niedersächsischen Ostenholz. „Die Bergenie galt jahrzehntelang als Schattenpflanze und wurde entsprechend zusammen mit Prachtspieren (Astilbe), Farnen und Schattengräsern an wirklich dunkle Plätze unter Bäumen gepflanzt. Dort fühlt sich jedoch eigentlich nur die Kaschmir-Bergenie (Bergenia ciliata) richtig wohl, eine der wenigen nicht wintergrünen Arten. Alle anderen Bergenien vertragen zwar lichten Schatten, entwickeln sich aber umso besser, je sonniger sie stehen.“
Super Solisten und tolle Teamplayer
Dass sich Bergenien am liebsten auf sonnigen Flächen tummeln, überrascht nicht, wenn man ihre Herkunft kennt: Die robusten Stauden mit den festen Blättern, den fleischigen Blütenstängeln und den in üppigen Büscheln erscheinenden Blütenglocken stammen aus Gebirgsregionen in Ostasien. Dort wachsen die meisten Arten auf Kies- und Geröllflächen mit einigermaßen frischer, nährstoffreicher Erde. „Entsprechend sollten sie auch im Garten verwendet werden, dann sind sie unschlagbar robuste, ganzjährig schöne Strukturpflanzen und blühen überreich“, empfiehlt Annemarie Eskuche. Im Beet bilden Bergenien beispielsweise den passenden Kontrast zu zarten Gräsern und grazilen Stauden wie der Sterndolde (Astrantia), auch in Kombination mit verschiedenen Wolfsmilcharten (Euphorbia), Storchschnabel (Geranium) und Astern kommen sie gut zur Geltung. „Beliebt sind Bergenien aber auch als elegante Einfassungsstauden, denn sie kaschieren Beetränder, ohne zu Stolperfallen zu werden. An Teichen fügen sie sich außerhalb der Sumpfzone harmonisch in die Uferbepflanzung ein. Und in Steingärten oder Pflanzgefäßen können sie sich einzeln oder in Gruppen endlich einmal richtig in Szene setzen.“
Adrett und anpassungsfähig
Die Gartenszenerie beleben, das können Bergenien wirklich und zwar rund ums Jahr – das bekanntlich im Winter beginnt. Der hat bei Bergenien seinen ganz besonderen Reiz: Sobald der erste Frost seinen eisigen Atem über die glänzenden Blätter gehaucht hat, erglühen sie in den herrlichsten Rottönen. Dieser wunderhübsche Anblick bleibt auch dann noch erhalten, wenn sich je nach Art und Sorte von März bis Ende Mai feste Stängel mit großen weißen, rosafarbenen, pinken oder purpurroten Glockenblüten aus der Erde schieben. „Erst danach werden die alten Blätter allmählich braun und sollten herausgezogen werden, damit die frischgrünen neuen richtig zur Geltung kommen“, rät Eskuche. Der einzige Nachteil an den hiesigen Wintern: Sie bringen nur selten eine schützende Schneedecke. „Sehr früh blühende Sorten sind daher spätfrostgefährdet und sollten nur an geschützten Stellen gepflanzt werden.“ Das macht aber gar nichts, denn das Sortiment hält zahlreiche später blühende, aber äußerst attraktive Sorten bereit. „’Pink Dragonfly‘ ist wegen der spannenden Farbkombination einer meiner Favoriten: Über dem leuchtend roten Herbstlaub öffnen sich zartrosafarbene Blüten, die nach einiger Zeit in Lachsrosa umschlagen“, schwärmt die Staudengärtnermeisterin. Auch ‚Joker‘ (rosa, dezente Herbstfärbung), ‚Oeschberg‘ (pink, intensive Herbstfärbung) und ‚Eroica‘ (pinkviolett, im Herbst rotgrün mit leuchtend roter Blattunterseite) zählen zu ihren Lieblingssorten. „Außerdem die rosafarbene Sorte ‚Herbstblüte‘, die sieht nicht nur toll aus, sondern blüht außerdem ab August ein weiteres Mal“, freut sich Annemarie Eskuche. Wer weiß, das mit dem Fanclub für die Bergenie könnte letztlich doch noch klappen.
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Mit Dünger blühen Bergenien auf
„Bergenien stammen zwar aus dem Hochgebirge und vertragen erstaunlich viel Trockenheit, aber sie freuen sich trotzdem über einen nährstoffreichen Boden und etwas Wasser, wenn es lange nicht geregnet hat“, fasst Annemarie Eskuche von der gleichnamigen Gärtnerei die wichtigsten Pflegetipps zusammen. Gedüngt wird im März und, etwas zurückhaltender, noch einmal im Juni, entweder mit Kompost oder mit einem Volldünger (nach Packungsanleitung dosiert). Gegen die in manchen Gärten auftretenden Dickmaulrüssler helfen Nützlinge, nämlich Nematoden der Gattung Heterorhabditis bacteriophora. Einen besonderen Pflegetipp brachte die Staudengärtnermeisterin von einer Reise nach Südengland mit: „Eigentlich teilt man Bergenien, wenn sie nach einigen Jahren weniger reichblütig werden und sich die Rhizome aus der Erde schieben. Stattdessen kann man die Rhizome aber auch einfach mit einem Messer anschneiden oder – das ist die grobe Tour für große Pflanzungen – mit einem scharfen Spaten ins Rhizom stechen. Dort treiben sie dann frisch aus und blühen wieder überreich.“
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